zondag 19 augustus 2012

14.08.2012 Oban

14.08.2012

Oban

Oban ist ein bisschen wie Pitlochry. Eigentlich ganz schön, wenn nicht so verdammt viele Touristen da wären. Da ich selbst Touri bin, finde ich, dass es nichts bringt sich aufzuregen.
Und von uns Touristen abgesehen, ist Oban ganz zauberhaft. Urig und herzig. Ich weiß nicht, wie man die kleinen putzigen Häuschen, die am Hafen auf meine Augen warten sonst beschreiben soll. Über meinem Kopf kreischen Möwen, und es riecht nach Fisch, dazu schaukeln kleine Boote im Wasser.


       

Weit draußen liegt die Lirica. Die Ausschiffung mit Tenderbooten stresst mich ein wenig. Obwohl es nie lange Wartezeiten gibt, nervt mich, überhaupt auf den Transport angewiesen zu sein – ein bisschen, als würde man auf den Bus warten, um Bus zu fahren. Ich hasse es, auf den Bus zu warten, um dann Bus zu fahren. Wie gut, dass ich morgen in Dublin eine Bustour zu den Höhepunkten der Stadt mitmachen werde... ha!

Oban jedenfalls ist schnell abmarschiert, die beste Fish´n Chips-Bude am Platz schnell gefunden, und schnell sind drei Bücher zum Preis von einem gekauft (könnte mich an diese 3 für 1-Einkauferei gewöhnen, und Shades of Grey kriegste hier hinterher geschmissen!).

Dann muss ich zurück zum Schiff. Der Kapitän wartet.
Am Morgen lag eine Einladung zum Cocktail in der Lirica Lounge auf Deck 7 unter der Tür, kurz darauf eine Einladung an den Tisch des Kapitäns. Ich fühle mich geehrt und bereite im Kopf einen Fragenkatalog vor, während ich versuche, elegant auszusehen, weil es mir im Programmheft für den heutigen Abend empfohlen wird.


                                        


In der Lirica Lounge steht jetzt allerdings der zweite Kapitän, bereit für ein Foto mit mir (und unzähligen anderen Gästen, die entweder Stammgäste sind oder in ihren Flitterwochen oder beides zusammen oder aber Hochzeitstag haben) hinter einer Torte, auf der in großen bunten Buchstaben MY SPECIAL CRUISE steht (das Foto ist in der Photo Gallery auf Deck 6 und müsste erst noch gekauft werden). Ich bin ein bisschen verwirrt und erfahre dann, dass der Kapitän aufgrund von internationalen Bestimmungen in diesem Gewässer, in dem wir uns befinden, selbst auf der Brücke sein muss und deshalb seinen zweiten Kapitän zum Essen geschickt hat. Innerlich streiche ich schon mal meinen Fragenkatalog. Aber warum lädt der Kapitän zum Essen ein, obwohl er gar nicht mitessen kann? Oder lädt er mich gerade deshalb heute zum Essen ein? Naja, vielleicht hatte er keine Lust, einen Fragenkatalog zu beantworten – wer sollte es ihm verdenken?

So sitzen wir an einer großen runden Tafel mit den Offizieren, immer im Wechsel: Gast, Offizier, Gast, Offizier. Drei- bis viermal in der Woche müssen die Offiziere so abendessen. Ich bin beeindruckt, so ein Gespräch mit Fremden will ja auch immer angeleiert werden. Die Offiziere links und rechts von mir sind ungefähr in meinem Alter und seit sieben bzw. 13 Jahren an Bord - ¾ des Jahres ununterbrochen auf einem Schiff. Krass, wenn man bedenkt, dass das hier wie eine Reihenhaussiedlung auf kleinstem Raum ist.
Wo wir gerade beim Essen sitzen, wir haben die kompletten Essensvorräte für die Reise auf Deck 3 und 4 in riesigen Kühlschränken dabei. Für mich klingt es nach einer absoluten Meisterleistung, die Vollversorgung von über 1500 Menschen über zwölf Tage zu planen. Aufgefüllt wird bei unserem Aufenthalt in Amsterdam, bevor wir in Hamburg dem Festland überlassen werden und die gleiche Reise mit neuen Passagieren von vorne beginnt.
Vielleicht kam´s nicht richtig rüber, deswegen will ich es gerne noch einmal sagen: Ich bin beeindruckt. Schiff ist eine komplett andere Welt, und wenn man hier lebt und arbeitet, dann ist diese Welt nicht sonderlich groß, auch wenn man als Passagier in die große weite Welt geschippert wird.
Ich möchte nicht auf einem Schiff arbeiten, aber warte mal, muss ich ja auch nicht. Ich muss jetzt nur schlafen, und das kann man auf einem Schiff sehr gut. Ich zumindest.
Ihnen stets gewogen,
Ihre Katrin Bauerfeind