zondag 19 augustus 2012

17.08.2012 Land in Sicht!

17.08.2012

Land in Sicht!

Nachdem Cork ausfallen musste und einer längeren Wipperei über die Irische See, sehe ich abends endlich Land. Holland. Amsterdam. Als wir den Kanal zum Amsterdamer Hafen entlang fahren, wird es langsam dunkel, und draußen ziehen die zunehmenden Lichter der Stadt vorbei.

Mittags, noch auf See, war ich auf einen Kaffee beim Kapitän. Der Mann, der uns, zusammen mit seiner Crew, aus diesem Sturm gebracht hat. Ich habe wirklich Respekt! Er sitzt an seinem Schreibtisch und sieht ziemlich entspannt aus. Ich frage ihn, wie der gestrige Tag für ihn war. Ist man als Kapitän herausgefordert bei diesem Wetter, oder fängt der Job dann erst an Spaß zu machen? „Spaß war das nicht“, sagt er „auf gar keinen Fall hat das irgendwas mit Spaß zu tun. Aber es war nicht das erste Mal, und es war nicht das letzte Mal, dass ich in so einem Wetter war.“ Seekrank wird er nicht mehr, nur früher, in seiner Anfangszeit, als er noch bei der Marine war, „weil die Dinger da ordentlich schaukeln“. Seit er Kreuzfahrtschiffe lenkt, ist er seegesund. Gestern war viel los, er war um drei im Bett und ist heute Morgen um acht wieder aufgestanden. Ich frage ihn, ob er erschöpft ist nach so einer Tour über die Irische See. „Nein, dann habe ich Hunger!“

Normale Arbeitstage (ich habe versprochen, diese Frage zu stellen) gibt es für ihn eigentlich nicht. Denn anders als bei einem Flugzeug, sagt er, muss man sich mit einem Schiff, trotz vorgegebener Route, seinen eigenen Weg suchen, siehe gestern.
Raffaele Iaccarino ist gerade mal Mitte 30 und schon seit 20 Jahren im Job. Wow. Traumjob? Definitiv. „Ich wollte schon immer Kapitän werden. Mein Großvater war Kapitän, mein Vater war Kapitän, ich bin Kapitän – wir sind eine Kapitänsfamilie.“ Nicht unüblich, diese Kapitänsfamilien in Sorrent (Provinz Neapel), wo er herkommt, wie übrigens auch der Gründer der MSC, Gianluigi Aponte, dessen Schiffe er heute fährt. In Sorrent seien viele Straßennamen nach den Kapitänen benannt - auch sein Nachname ist mittlerweile ein Straßenname, sagt er nicht ohne Stolz.
Er liebt an seinem Job, dass er von Menschen umgeben ist und jede Woche 200 neue Menschen kennen lernt. „Ich könnte bestimmt viele Freunde bei facebook haben, aber ich bin nicht bei facebook“, sagt er und lacht sehr.

Was macht denn jetzt die Faszination von Kapitänen aus? Vielleicht hat er eine Antwort? „Ich weiß es nicht“, sagt er mit einem Kopfschütteln. „Ich sehe manchmal die Bilder, die wir auf dem Schiff machen und sage zum Fotografen: Ich sehe doch auf dem Foto nicht gut aus. Und dann sagt der Fotograf: Egal, die Leute wollen Bilder mit dem Kapitän.“
Das einzige, was hart sei an seinem Job, und da ist er nicht alleine an Bord, wie ich jetzt häufiger gehört habe, ist die Tatsache, dass man so lange von Zuhause weg ist. Er habe das schon sehr früh erfahren, weil es für ihn nicht so normal gewesen sei, einfach mal einen Tag mit seinem Vater zu verbringen.

So, jetzt will ich den Mann aber auch nicht länger aufhalten. Vor lauter Faszination habe ich jetzt leider das Foto vergessen (Verzeihung!) - aber dafür hier die Rückseite seiner Visitenkarte. Ein Auszug aus dem Gedicht Invictus von William Ernest Henley, nicht nur auf der Rückseite von Visitenkarten von Kapitänen schön zu lesen:
                                 

Und hier noch mal im Original (uff deutsch isses nicht so schön, weil der Kapitän rausübersetzt wurde):

It matters not how strait the gate,
How charged with punishments the scroll,
I am the master of my fate,

I am the captain of my soul.

Könnte ich noch etwas Schöneres formulieren, wäre ich Schriftstellerin geworden,

stattdessen gerne Ihre Katrin Bauerfeind.